Geburtsbericht

 

Es ist der 1.1.20 genau 14 Tage nach dem errechneten Entbindungstermin. Nach dem wir bei Marlene zum letzten Mal in Taufkirchen waren und gemeinsam beschlossen, dass es jetzt Zeit zum Handeln ist, haben wir auf dem Heimweg noch Aprikosen für den Cocktail organisiert, was an einem Feiertag gar nicht einfach war, in Xxx bei Oma fand sich aber noch eine Dose.

 

Um 16:30 habe ich (Michael) den Drink nach Marlenes Anleitung gemixt, Barbara war da schon immer wieder mal am Kloo, anscheinend wirkt das Gebräu schon vor der Einnahme. Als Barbara zurückkommt ext sie das Glas. Ich bin nicht sehr optimistisch, dass das was bringt, denn im Punkto Fortpflanzung und Co. hab ich in den letzten 10 Jahren mein Gefühl verloren. Es hat schon so oft geheißen „das geht schneller als gedacht“ und hatte sich nie bestätigt. Also warum sollte der Drink die herbeigesehnte Geburt starten. Jetzt war erst mal Florian dran, den bringe ich zur Oma nach Xxx zum Übernachten, denn am 2. geht’s für ihn zum Skifahren. Wieder zurück ist natürlich die erste Frage nach Veränderungen, aber nichts Neues (habe ich mir schon gedacht, aber nicht gesagt). Abwarten, leichte Wehen waren ja die letzten Tage öfter und sind jetzt auch wieder da.

 

Barbara geht um 17:30 in die Wanne und ich räume die Küche auf. Um 17:50 kommt von Oben der eindringliche Apell „schau auf´d Uhr“. Nach 15Minuten war klar die Wehen kommen alle 2 Minuten und stärker als die letzten Tage. Barbara muss wieder mal, gleich darauf kommt die Meldung „das war die Fruchtblase, aber es ist rot und braun mit dabei“. Wer hätte das gedacht, es geht los. Aufregung und Freude kommen bei mir zusammen, endlich mal was das funktioniert wie gedacht.

 

Es ist jetzt 18:30 und Barbara möchte, dass ich Marlene bescheid gebe, sie geht auch gleich ran und sagt sie ist schon in Vib. Zeit genutzt und die vorbereiteten Unterlagen und den alten Teppich zu holen und im Wohnzimmer auszulegen, wo sich Barbara mit ihren Wehen beschäftigt.

 

18:50 Marlene ist da, Ruhe ausstrahlend wie immer. Kurzer Austausch was war und dann begutachtet sie die Flüssigkeit die immer wieder austritt, mir gefällt ihr Blick nicht, irgendetwas passt nicht. Nach kurzer Untersuchung steht fest Muttermund 1 cm offen und Fruchtwasser grün (keine Ahnung warum grün, ich sehe braun, aber egal), daher die Sorgenfalten. Marlene erklärt, dass hier eigentlich Schluss ist (habe ich mich also doch zu früh gefreut) aber sie telefoniert mit Anja die abrufbereit in Xxx ist. Sie würde ja mit uns ins Klinikum fahren und da weiter machen. Ich versuche Barbara mit ruhigen Worten und leichter Massage beim veratmen ihrer Wehen zu unterstützen und hoffe das sie sich nicht aus der Ruhe bringen lässt. Nach einer Weile kommt dann Anja und bringt den nächsten riesigen Schwall Ruhe und Zuversicht herein mit der Aussage „wenn es Mutter und Kind gut geht dann machen wir im Kreissaal auch nichts anders“. Puh, das tut gut! Also es geht ganz positiv weiter mit Atmen und Massage.

 

Um 20:00 bekommt Marlene einen Anruf, eine 2. Geburt. Anja ist auch überrascht aber übernimmt selbstverständlich als Marlene abrückt. Die Stimmung ist gut und in den Pausen oft lustig. Ca.21:00 der nächste Check nach dem Muttermund 1,5-2cm offen und die Herztöne vom Kleinen sind wie die letzten Stunden 1a. Anja erklärt die ersten 5 cm gehen langsam aber dann. Ich rechne so hoch bis 10 cm und denke mir das wird wohl Mitternacht werden. Die Stunden vergehen und irgendwann fragt Barbara wie spät es ist, 00:04, tatsächlich hat sich unser Kind wohl meinen 40. Geburtstag ausgesucht. Geburtstagsbussi in der Wehen Pause, auch lustig.

 

Zur Abwechslung ging´s dann in die Wanne, Atmen, Entspannung, Hertztöne checken, alles gut und weiter so.

 

Es ist jetzt 1:00, Autogeräusche, Marlene ist wieder da und hat Eva von der anderen Geburt mitgebracht. Wir machen es uns zu viert im Bad gemütlich und Barbara in der Wanne. Müdigkeit macht sich breit, und ich versorge jetzt Barbara außer wie bisher mit Wasser und Obst auch immer öfter mit Cola und Traubenzucker.

 

1:30 ging´s dann wieder nach unten wobei Barbara immer mehr Unterstützung braucht. Wieder ein Check, nach dem X-mal die Herztöne, wie auch dieses mal wieder mit 135 – 145 top waren, kam die ernüchternde Erkenntnis. Muttermund noch keine 5 cm offen. Mist, wie soll das weitergehen, denk ich mir, müssen wir doch noch abbrechen?

 

Jetzt geht’s erst mal ruhig im Wohnzimmer weiter, mit immer mehr Augenmerk aufs Kräfte sparen. Auch die Hebammen wechseln sich mit einem Nickerchen ab und wir gehen auf die Couch und versuchen etwas zu ruhen. Schlafen geht nicht, obwohl die Augen immer wieder zu fallen. So vergehen die Stunden und immer wieder mal Herztöne lauschen und aufs Kloo. Irgendwann so ca. 5:00 wieder ein Check, Muttermund 5-6 cm, endlich jetzt geht’s laut Anja schnell (denk ich mir). Und weiter geht’s mit Wehen und allem Anderen, als der Tag anbricht werden alle wieder lebhafter und in den Pausen wird es wieder lustig, auch wenn es mir schon zu lange dauert und der kleine Mann im Ohr wieder kommt „ am Ende müssen wir doch fahren“, aber dann ist es halt so.

 

9:00 Anja begutachtet wieder mal die Lage. Mutter und Kind wohl auf, Muttermund 7-8 cm offen. Alle machen sich Gedanken wie lange Barbara die Kräfte noch reichen. Zur Entspannung wieder in die Wanne. Interessanterweise ist meine Müdigkeit auch ohne Schlaf wieder verschwunden. Negative Gedanken haben auch keine Chance, da Anja und Marlene immer noch Ruhe und Zuversicht ausstrahlen.

 

12:00 Eva ist auch wieder da, sie war bei den Neugeborenen zur Kontrolle. Es kommt wieder Rätselraten auf, da 18 Std. nach Blasensprung Antibiotika gegeben werden sollte. Mir ist natürlich klar das würde „Abbruch“ bedeuten. Alle beratschlagen und nach dem Barbara immer noch für mich unvorstellbar viel Kraft hat und Daheim bleiben will, werden einige Stellungen ausprobiert. Mittlerweile ist zwar der Muttermund kein Thema mehr, aber jetzt will sich der Kopf nicht richtig drehen. Die vereinbarte Deadline wird in Seitenlage auf der Couch abgewartet.

 

Punkt 13:00 tritt das Hebammen Trio wieder ins Wohnzimmer mit der Aussage „das hört sich gut an“, gemeint sind wohl Barbaras Wehen Geräusche, die in der letzten halben Stunde stark zugenommen haben und jetzt einen neuen Höhepunkt erreichen. Nach ein paar Tests mit Marlene steht fest, es geht, wir können dableiben. Jea!

 

Ab jetzt bringt Eva Schwung in die Bude und Anja unterstützt. Die Geburt nimmt Fahrt auf und Barbara gibt alles und das nach 19 Std. Wehen, Wow! Ich bin nur noch mit Getränkeversorgung in den Pausen und dem Abstützen in den Wehen beschäftigt. Evas Highspeedpowermantren „Du schaffst das, Du kannst das, super, weiter bravo, toll…“ Erinnern mich an Hypnose, nur eben Vollgas! In einer Pause hat Eva dann Bedenken um unseren weißen Teppich und gleich noch einen frechen Spruch dazu, supi 😊 Also bleiben 30 Sekunden zum Holen vom Malervlies aus der Garage und die nächste Welle kommt. Es geht zum Endspurt. Da kann Barbara den Kopf ertasten, das gibt nochmal Kräfte frei. Bei der nächsten Welle geht es dann schon so weit, dass auch ich den Kopf sehen kann und das ist ein wunderbares Gefühl. Auf der anderen Seite bin ich auch überwältigt welche Kraft Barbara aufbringt, wenn sie presst und es in ihrem Körper knackt und kracht vom Nacken über die Schultern den ganzen Rücken hinunter. Und beim nächsten Mal ist es dann soweit, der Kopf ist da, Boa. Der Rest kommt beim nächsten Mal. 15:11 es ist da, nur welches Geschlecht? Ich habe die Ehre als Erster nachzuschauen „a Bua“ Freude breitet sich bei Allen aus. Dann kommen wunderbare Minuten der Ruhe, die ersten Geräusche, das pulsieren der Nabelschnur, das alles sind wahnsinnig intensive Momente, die auch mir das Wasser in die Augen treiben. Barbara darf den Namen bestimmen, was ihr jedoch erst nach einer Weile gelingt vor Überwältigung. So jetzt darf ich abnabeln und kann +++ auf Barbaras Brust legen.

 

Die Nachgeburt kommt auf Ansage von Eva nach und ich habe das Gefühl, dass auch unsere 3 Unterstützerinnen mit dem Ergebnis sehr zufrieden sind. Die lockere Stimmung und Evas trockener Humor beim Nähen kommt zurück. Und nach einer abschließenden Begutachtung kommt auch Barbara immer mehr zur Ruhe.

 

Da die Aufregung abfällt greift der Hunger um sich. Der Pizzawagen hat um 16:00 noch nicht offen, daher werden spontan Nudeln für alle gemacht. Und so endet die Wunderbare Geburt von +++, zurück bleiben schöne Erinnerungen an eine bewegende Geburt, so wie wir sie uns in dem geschützten Daheim gewünscht hatten.

 

Vielen lieben Dank an unsere 3 Hebammen die mit so viel Herz, Ruhe, Zuversicht und Liebe zu dem was sie tun dabei waren und uns hervorragend unterstützt haben.

 

Danke Marlene, Eva und Anja

 

Der größte Dank geht aber an Barbara dass ich das mit ihr erleben durfte.

 

6.1.2020