Geburt Niko

 

Alle guten Dinge sind 3!

 

Nachdem unsere ersten beiden Kinder sich entschieden hatten mit dem Popo voraus auf natürlichem Wege zur Welt zu kommen, ging ich davon aus, dass unser kleines Buzl ebenfalls diesen Weg wählen würde. Buzl deshalb, weil wir uns überraschen lassen wollten, ob Junge oder Mädchen.
In der 36. Schwangerschaftswoche stelle ich mich also im Krankenhaus vor. Als ich der Ärztin von der geplanten Hausgeburt berichte, fragt sie: "Wieso haben Sie sich eigentlich für die Hausgeburt entschieden? Sie sehen gar nicht so ... öko ... aus." Dann die gute Nachricht: Das Baby befindet sich immer noch in Schädellage! Juchuuuhh! Wir können es kaum glauben. Aller guten Dinge sind drei und diesmal könnte es mit der Hausgeburt klappen. Gleichzeitig ist es verrückt. Wir fragen uns ob bei diesem Baby alles normal ist. Wo doch vorher die Beckenendlage die Normalität war. Da wir dem Braten noch nicht ganz trauen, vereinbaren wir mit Marlene das Hausgeburtsgespräch erst einen Tag vor Beginn der erlaubten Frist zu machen.

 

Alles bleibt ruhig, Baby im Bauch, und wir richten die ganzen Utensilien für die Hausgeburt her und befassen uns genauer, wo und wie wir uns die Geburt vorstellen können. Vorfreude: wenn es los geht keine Autofahrt ins Krankenhaus, kein Ortswechsel-Stress, sondern ein Flow von Anfang bis Ende, kein dauernder CTG und hängen an Kabeln, kein nervender Zugang, nur lang vertraute Personen um mich herum, sich einfach den Wellen und dem Geschehen hingeben!

 

Da bei uns aber nichts normal läuft und wir halt alles ein bisschen anders machen erfahren wir am Montag, 2,5 Wochen vor Termin, dass unsere Hündin schwanger ist. Ungewollt. Jetzt schicke ich nur noch zwei Wünsche ans Universum: Erstens, soll bitte unsere Hündin vor mir werfen (was prompt 5 Tage später geklappt hat - 7 Hundebabys bevölkern unseren Wintergarten). Zweitens, wenn schon denn schon, soll Buzl noch im Bauch bleiben bis meine beste Freundin ihren 40. Geburtstag gefeiert hat. Und wenn wir gerade bei Wünschen sind, soll es bitte am 10. Juli 17 so weit sein. Denn alle meine Kinder haben eine Quersumme im Geburtsdatum. Da ich nicht abergläubisch bin, nehme ich das alles nicht so ernst. Aber ein bisschen aus Spaß verkünde ich im Kindergarten, bei meiner Mama, bei der Hebamme und bei einigen anderen Leuten: jetzt feier ich noch schön Geburtstag und dann kommt gemütlich am Montag zwischen 9 Uhr und 15 Uhr das Baby. Marlene fügt noch hinzu: „Bitte zwischen 12 Uhr und 15 Uhr, da vormittags Praxis Zeit ist“. Schmunzelnd antworte ich mit Marlenes Standard-Satz: "ja, ja - ich weiß - es kommt, wenn es kommt"

 

In der Nacht von Sonntag auf Montag gehe ich wie üblich gegen 4 Uhr auf die Toilette und was finde ich vor: leichte hellrote Schmierblutung. Das gibts doch nicht - ich lache in mich hinein... Ich spüre auch schon erstes Ziehen im Bauch, lege mich aber noch mal hin. Immer wieder leichte Wehen. Manche muss ich schon veratmen. Dennoch falle ich in einen Dösschlaf.
Um 6.30 klingelt der Wecker. Mei Mann steht auf. Ich begrüße ihn mit den Worten: "Kann sein, dass Du heute dein drittes Kind bekommst." Erst guckt er mich ungläubig an, dann lächelt er. Bevor ich meinen Vater oder Marlene Anrufe möchte ich die Abstände der Wehen messen. Wie beim letzten Mal sind sie sehr unregelmäßig und dauern noch nicht so lang. Irgendwas zwischen drei und 6 Minuten.
7 Uhr. Ich rufe Marlene an um Bescheid zu geben, dass es heute irgendwann losgeht und versuche meinen Vater zu erreichen.
7:30 Uhr. Mein Vater ist unterwegs. Mein Mann ruft Marlene an um Ihr Bescheid zu geben, dass sie sich doch besser gleich auf den Weg macht. Er kennt mich halt. Mal wieder schwanke ich zwischen "ja es geht los" und "ich bin mir gar nicht sicher ob es heute schon kommt". Es ist einfach der Hammer, wie man in den Wehenpausen das Gefühl hat, dass alles ist wie vorher. Ich bin richtig aufgedreht, mach Witze.  Als ob der Oxytocin Cocktail schon wirkt. Mein Vater kommt und packt die Kinder ein. Sie sind schon ein wenig überrascht dass es zum Opa und nicht in den Kindergarten geht. Wir haben Ihnen nicht gesagt dass die Geburt kommt damit sie nicht da bleiben wollen.
Um 8:00 Uhr ist Marlene da. Die Herztöne vom Baby sind gut. Marlene und mein Mann verziehen sich ins Erdgeschoss und ratschen. Ich mache mir im Bad eine schöne Musik an und gehe wiegend und hüftkreisend auf und ab. Die Wehen kommen jetzt zwischen 5 und 7 Minuten. Manche muss ich schon am Wickeltisch veratmen. Trotzdem habe ich das Gefühl es verlangsamt sich ein bisschen. Irgendwie habe ich Sorgen Marlene zu früh geholt zu haben. Noch dazu an ihrem Praxistag.
9 Uhr. Ich spreche sie darauf an, dass es vielleicht noch länger dauert und ob sie noch mal nach Taufkirchen möchte. Marlene schlägt vor den Muttermund zu messen und danach zu entscheiden. 6 bis 7 cm. Marlene: "Ich glaube da bleibe ich lieber da." Wir beschließen einen Einlauf zu machen, falls ich doch in die Badewanne gehe. Auch soll Hannes schon etwas Wasser in die Wanne lassen, damit es später nicht so lange dauert. Eine weise Entscheidung, wie sich bald herausstellt. Als der Druck weg ist, ob Marlene geht oder bleibt werden die Wehen plötzlich heftiger. Jetzt kommen die ersten, bei denen ich Tönen muss. Ich rufe Hannes. "Wo bleibt mein Masseur?" Zwischen den Wehen bin ich super drauf und habe das Gefühl, dass nichts ist. Ich kann lachen und mich über das Wunder der Natur wundern. Es geht immer schneller. Die Abstände verringern sich, die Wehen werden heftiger. Ich spüre schon ein Schieben. In der nächsten Pause schlägt Marlene vor in die Wanne zu gehen. Ich frage, wann der richtige Zeitpunkt sei, müsse sie wissen - Sie schickt mich rein. Keine Sekunde zu spät. Im ersten Moment empfinde ich das Wasser als entspannend und es gibt mir eine kleine Pause. Dann kommt die nächste Wehe. Lang und stark. Mit ihr platzt die Fruchtblase. Sie öffnet den Muttermund komplett, ich spüre das Köpfchen. Marlene ermuntert nicht mein Baby anzufassen. Aber ich kann mich irgendwie nicht bewegen, so sehr bin ich in Anspannung. Marlene ermuntert mich noch mal mein Becken etwas anzugeben, damit das Baby überhaupt rauskommen kann. Nun kommt die letzte heftigste Wehe. In einer einzigen Anspannung Presse ich das Baby heraus und es taucht ins warme Wasser. Es ist noch ganz blau. Es ist ein Junge! Vorsichtig fische ich es aus dem Wasser und lege es auf meinen Bauch. Es ist unglaublich. Es ist der 10.07.2017, 10:01 und unser kleiner Niko ist auf die Welt gekommen. Wie immer staunt man über die Winzigkeit. Er hat schon ein paar Haare. Käseschmiere an den Beinen. Langsam beginnt er zu atmen. Dann schreit er. Ich glaube ihm und mir ging das alles ein wenig zu schnell. Marlene legt ihm vorgewärmte rote Handtücher um, gibt uns ein paar homöopathische Kügelchen und mit den Bachblüten Tropfen beginnt Niko sich zu beruhigen. Es ist wunderschön im warmen Wasser zu sitzen, langsam die Anspannung zu lösen. Mein Mann sitzt hinter mir. Ich fühle seine kräftigen stützenden Arme. Auch das beruhigt mich. Wir genießen den wundervollen Augenblick. Nach einer Dreiviertelstunde schneidet mein Mann die Nabelschnur durch. Er und Marlene gehen ins Schlafzimmer um das Baby zu untersuchen und Eva, die mittlerweile angekommen ist, ermuntert mich noch die Plazenta hinauszuschieben. Wir heben sie im Kühlfach auf um später eine schöne Blume darauf zu pflanzen. Jetzt nur noch mit Hilfe aus der Wanne steigen und 5 Meter rüber ins Schlafzimmer laufen. Während mich die Hebammen nähen liegt Hannes mit Niko neben mir und hält meine Hand und lenkt mich mit einem Gespräch ab. Ich empfinde das Nähen lange nicht so unangenehm wie im Krankenhaus. Um 12 Uhr verabschieden sich die Hebammen und wir kuscheln den Rest des Tages bis die Kinder kommen.
Im Unterschied zur Beckenendlage spürt man in den Wehenpausen bei der Schädellage deutlicher das Köpfchen auf den Muttermund drücken. In der Wehe selber habe ich keinen Unterschied gespürt. Tatsächlich kam das Baby sogar noch etwas schneller. Wir haben uns die Geburt blutiger vorgestellt. Das war aber gar nicht so schlimm. Kein See der vom Boden weggewischt werden muss. Kein rotes Wasser sondern einfach nur klares Badewannenwasser. Den Hauptschwall nach der Geburt der Plazenta fing die Hebamme mit ihren Flockenwindeln und Unterlagen auf. Niko macht sich die ersten Tage super. Er trinkt gut und füllt schon fleißig das Windelchen. Und auch meine Rückbildung geht schnell. Ich fühle mich nicht so geschafft und vor allem auch nicht so verletzt wie bei den ersten Geburten. Ich danke unseren tollen Hebammen. Ihr Vertrauen in den Menschen und die Natur hat uns viel gelehrt - für unser ganzes Leben. Und unser Sonnenhaus ist jetzt auch ein Geburtshaus geworden.