Lillys Geburt

 

 

 

Lilly ist unser drittes Kind. Eigentlich sollte es bei zwei Kindern bleiben, ein drittes war nicht „geplant“, wenn man Kinder überhaupt planen kann. Wegen der starken Übelkeit, die mich ganz schön plagte, konnte ich die ersten Wochen dieser Schwangerschaft nicht so genießen. Ich hatte viel Arbeit, selbständig, und konnte mir keine Auszeiten erlauben. Mit Marlenes Hilfe überstand ich diese Wochen dann doch irgendwie...Sie übernahm die komplette Vorsorge, bis auf die drei Ultraschalluntersuchungen, bei denen mir mein Frauenarzt stets eine völlig unkompliziert verlaufende Schwangerschaft bestätigte. Dass unser Baby zuhause geboren werden sollte, stand von Anfang an fest, hatte ich doch unser zweites Kind auch schon zuhause geboren.

 

Ab der 15. Woche etwa überkam mich ein regelrechtes Hoch...der Körper hatte endlich auf schwanger umgestellt und ich wieder viel Energie. Ich genoss den Rest der Schwangerschaft, die ja nun wirklich meine letzte sein sollte und freute mich auf die Geburt. Mitte November reduzierte ich meine Arbeitszeit Woche für Woche. Wir verbrachten eine sehr gemütliche Adventszeit, alle Vorbereitungen für Weihnachten wurden rechtzeitig getroffen.
Der errechnete Termin Mitte Dezember verstrich ohne Anzeichen für eine Geburt. Das darauffolgende Wochenende, an dem Marlene Urlaub hatte, (zum Glück) ebenfalls. Alle zwei Tage war ich in ihrer Praxis zur CTG- Kontrolle, das Kindlein war frisch und munter, alles bestens. Ich weiß nicht, wie oft ich den Satz hörte: „Bestimmt wird’s a Christkindl.“. Aber auch Heiligabend verging ohne eine Geburt. Unser Mittlerer war seit dem 23. Dezember krank, hustend und fiebrig, ich dementsprechend erschöpft...kein Wunder, so stellt sich kein Körper auf Geburt um.

 

 

 

Am zweiten Weihnachtsfeiertag erwache ich dann nach einer einigermaßen erholsamen Nacht, mein Sohn fieberfrei und mit guter Laune, da geht es auch mir gleich besser.
Um 9:00 sind wir mit Marlene zum CTG verabredet. Die Kinder bringen wir zur Schwiegermutter. Während das CTG schreibt, beratschlagen wir, wie wir weiter vorgehen sollen. Mittlerweile ist Tag 13 über errechnetem Termin erreicht, nach Tag 14 würde Marlene die Geburt nicht mehr begleiten können. Das hatte mich die letzten Tage schon etwas unter Druck gesetzt. Wir beschließen, es an dem Abend so gegen 17:00 mit dem sogenannten Wehen-Cocktail zu versuchen und der Geburt nun etwas auf die Sprünge zu helfen...“Die schwoam ma scho aussa“, O-Ton Marlene. Eine abschließende Untersuchung ergibt bereits 2 cm geöffneten Muttermund – beste Voraussetzungen. Mit dem Rhizinusöl, einem Rezept für den Cocktail, noch einigen Kügelchen für meine Nervenstärkung und Wehentee im Gepäck fahren wir wieder nach Hause.
Dort entspannen wir uns ein wenig ohne die Kinder. Ich trinke zwei Tassen von dem (abscheulich schmeckenden) Tee und kann sogar etwas dösen. Gegen 12:00 fahren wir wieder zur Oma und essen gemeinsam mit den Kindern und der Uroma zu Mittag. Während des Essens spüre ich dann tatsächlich eine erste Wehe. Etwas später nochmal eine...zwischen 13:00 und 13:30 schaue ich etwa dreimal während einer Wehe auf die Uhr. Gegen zwei fahren wir dann wieder nach Hause, beide Kinder wollen mit heim, die Oma ist auf Abruf, noch weiß keiner von den Wehen.

 

Zu Hause beginnen die Kinder, ihr Weihnachts-Lego zusammen zu bauen. Es ist sehr friedliche, ruhige Stimmung und Uli und ich sind nach der ungeduldigen Warterei sehr froh, dass sich endlich was rührt. Ich spüre unregelmäßige Wehen, nicht schmerzhaft, aber immer wieder kehrend. Ich telefoniere mit Marlene. Eine halbe Stunde später kommt sie, um mir einen Einlauf zu verpassen. Dieser soll die Wehen anregen. Danach fährt sie wieder, um ihre Kinder nach Armstorf zu bringen und versichert mir sofort kommen, wenn ich sie brauchte, sie sei ja nicht weit weg.

 

Es wirkt tatsächlich. Die Wehen werden kräftiger, ich muss mich mittlerweile bewegen, laufen, um sie auszuhalten. So gegen 15:30 entscheide ich, in die Badewanne zu gehen, da ich von meinen beiden anderen Geburten noch in Erinnerung habe, wie gut mir das warme Wasser während der Wehen tut. Bevor ich in die Wanne steige, rufe ich Marlene an und Uli die Oma, sie kommen beide innerhalb von etwa 10 Minuten. Die Kinder merken nun, dass das Baby sich nun wirklich auf den Weg macht, und hüpfen aufgeregt durchs Haus...“ das Baby kommt heute raus“.... Die Oma geht mit den beiden noch eine Runde an die frische Luft.

 

Marlene bleibt zunächst einige Wehen lang bei mir. Sie sind in der Badewanne tatsächlich gut auszuhalten, so gut, dass ich zunächst denke, sie hören wieder auf. Doch das ist zum Glück nicht so. Auch die Herztöne sind super. Zudem sorgt sie noch für etwas Romantik, gibt mir den Entbindungsduft ins Badewasser und holt aus dem Wohnzimmer eine Kerze, welche unser Badezimmer beleuchtet – unser drittes Kind besitzt nun eine Geburtskerze.

 

Ich komme gut zurecht mit den Wehen. Marlene kümmert sich in der Küche um etwas Papierkram und wärmt die Handtücher im Backofen. Uli sitzt bei mir. Doch schon bald halte ich das Liegen in der Wanne nicht mehr so gut aus und ich merke schon einen recht starken Druck nach unten. Wir holen Marlene und sie schlägt Uli vor, sich ans Ende der Badewanne zu setzen, um mich zu stützen, ich etwas aufrecht kniend vor ihm.
Die nächste Wehe nun ist ganz unangenehm, es brennt, der Kopf drückt schon stark nach unten. Beim nächsten Mal erster Anflug von Pressdrang, den ich noch zu veratmen versuche. Marlene ruft Eva, die zweite Hebamme an. Es ist 16:38. Ich frage Marlene, ob ich schon mitschieben kann, ich kann es mir kaum vorstellen, dass es jetzt doch so schnell geht. Sie meint, klar...und bei der nächsten Wehe schiebe ich mit und der Kopf ist schon da, in der Fruchtblase geboren, sagte Uli. Nun kann ich es eh nicht mehr erwarten, mein Baby endlich zu sehen und schon wird mit der nächsten Wehe der Körper geboren. Sofort drehe ich mich um, während Uli unser kleines Mädchen aus der Wanne hebt und mir in die Arme gibt. Es ist 16:41.

 

Wir sind entzückt! Jede Geburt ist einfach ein Wunder, auch beim dritten Mal können wir einfach nur staunen, dass da plötzlich ein perfekter neuer kleiner Mensch in unserer Mitte angekommen ist!

 

Wir liegen noch ein wenig in der Wanne, Marlene deckt unsere Kleine mit einem warmen Handtuch zu. Sie weint, das ging ja doch schnell jetzt. Ich halte noch ein wenig das kleine Köpfchen in meiner Hand und langsam beruhigt sie sich.

 

Die Kinder haben das Quäken gehört und wollen unbedingt das Baby sehen. Sie kommen ins Badezimmer, mit großen Augen und betrachten unser neues Familienmitglied. Wir versprechen ihnen, dass sie mit Lilly kuscheln dürfen, sobald wir ins Schlafzimmer umgezogen sind.

 

Nun nabeln Marlene und Uli ab. Lilly darf ein wenig nuckeln, doch langsam wird das Wasser kühl und ich möchte gerne „an Land“. Uli nimmt nun das kleine Mäuschen in ein warmes Handtuch. Ich gebäre in der Wanne noch die Plazenta, danach versorgt mich Marlene mit meinem „Windelpaket“, das die Kinder noch sehr erheitern wird und begleitet mich ins geheizte Schlafzimmer.
Ich kuschele mich in unser Bett, stille mein Mädchen. Inzwischen ist Eva auch angekommen, Juri hat ihr schon an der Tür erzählt, dass wir jetzt ein Baby „in Echt“ haben. Papierkram wird erledigt und meine kleine Geburtsverletzung muss noch versorgt werden. Danach gratulieren uns die beiden Hebammen noch förmlich, und Uli, seine Mama und ich stoßen mit einem kleinen Schluck Sekt an.

 

Zum Glück hat Lilly sich entschlossen, doch ohne „Anschubser“ auf die Welt zu kommen und es mir erspart, den Rhizinus-Cocktail einzunehmen, Marlene kann das Öl unbenutzt wieder mitnehmen.

 

 

 

Die Hebammen fahren, schließlich ist Weihnachten und ihre Familien warten sicher auf sie, ich vereinbare mit Marlene, dass wir abends noch telefonieren und sie am nächsten Morgen gegen 8:00 zum ersten Wochenbettbesuch kommt.

 

Dann dürfen die Kinder endlich kuscheln, Lilly schläft tief und fest. Uli kümmert sich ums Abendessen. Der Alltag geht weiter und es ist einerseits selbstverständlich und doch etwas ganz Besonderes, dass eben in unserem Zuhause am zweiten Weihnachtsfeiertag einfach so zwischen Mittag- und Abendessen unser Baby in unsere Familie geboren wurde, das schönste Geschenk, dass man sich nur vorstellen kann.

 

Liebe Marlene, liebe Eva, herzlichen Dank für Alles!