Heute betrachte ich es als Schicksal.
Als ich in meiner ersten Schwangerschaft über die "alternativen" Möglichkeiten
zur Krankenhausgeburt gestolpert bin, wußte ich noch nicht, wie sehr sich mein
Denken und Fühlen und Agieren in den nächsten Jahren verändern würde. Ich
wußte noch nicht, wie die Begegnung mit "meiner" Hebamme mein Leben verändern
würde - einfach weil sie mir ein Selbstbewußtsein vermittelte, das eigentlich
selbstverständlich sein sollte.
Das aber ausgerechnet in unserer modernen, aufgeschlossenen Welt in den Hintergrund gerückt ist, das Überwachung, Kontrolle, einem übertriebenen Sicherheitsdenken weichen mußte.
Sie hat mir beigebracht, was es heißt, eine Frau zu sein.
Eine Frau zu sein heißt, Leben schenken zu können – selbstständig, ohne Einmischung, Manipulation, Überwachung durch Dritte - durch Fremde.
Heute erscheint mir die Entscheidung zur Hausgeburt so selbstverständlich, so
logisch und einleuchtend, daß ich loslaufen möchte und jeder Frau mit einem
Babybauch, der ich begegne, sagen möchte, wie wunderbar eine Geburt
ist, daß sie keine Angst haben muss vor der Geburt, daß sie geboren wurde mit der Fähigkeit zu gebären.
Als ich über die "alternativen" Möglichkeiten zur Krankenhausgeburt gestolpert
bin, hatte ich Vorurteile vor allem, was "Alternativ" war. Ich hatte Begriffe im Kopf
wie ökig, esoterisch, abgehoben, Bilder im Kopf von Räucherstäbchen, geheimnis-
vollen Kräutermixturen, Frauen in Wallegewändern, die ihre Babies im Lotussitz
zur Welt bringen, fand das ganze eher weltfremd und abgedreht, und erwartete
nicht wirklich, ausgerechnet hier meinen persönlichen Weg zu finden.
Heute weiß ich, wie normal die Frauen sind, die ihre Babies im Geburtshaus oder
zu Hause gebären. Wie hochqualifiziert und engagiert die Frauen sind, die diese
Frauen bei ihrer Geburt begleiten. Wie informiert und aufgeklärt das Geburtsteam
ist, das die werdende Mutter alleine auswählt.
Das sie auf ihrem persönlichen Weg begleiten soll.
Viel wichtiger, als ein Leistungskatalog, der eher die pathologischen Betreuungsmaßnahmen beschreibt, erscheint mir an dieser Stelle die emotionelle Betreuung und die Vorbereitung auf ein ganz
normales Wunder: Die Geburt eines Kindes.
Gerade Erstgebärenden möchte ich raten, sich schon während des ersten SchwangerschaftsTrimenons eine Hebamme zu suchen, mit der die "Chemie" stimmt. Dabei ist es nicht wichtig, ob man tatsächlich
eine Hausgeburt in Erwägung zieht, oder lieber in einem Krankenhaus oder einem Geburtshaus gebären möchte. Gut, hilfreich und wichtig ist es, durch eine Hebamme, die auf einen eingeht, die einen
in seinen persönlichen Eigenheiten bestärkt und einem verständliche Ängste nimmt, die das Selbst-Bewußtsein einer werdenden Mutter weckt, auf die bevorstehenden Ereignisse in einer Weise
vorbereitet zu werden, wie kein Frauenarzt es zu leisten vermag. Diese Frauen besuchen einen zu Hause, erleben die Schwangeren in ihrem natürlichen Umfeld, sie beziehen die Partner und andere
Familienmitglieder in die Geburtsvorbereitung mit ein, damit jeder seinen Platz findet.
So emotional gestärkt und über die Geburtsroutinen aufgeklärt fühlt frau sich auch in Kliniken, in denen Gebärende sich leider noch zu häufig dem Klinikalltag beugen müssen, stark genug, eigene
Wünsche und Vorstellungen mit Hilfe des ebenso aufgeklärten Partners im Rücken durchzusetzen und das eigene Geburtstempo zu bestimmen.
Etwas so wundervolles, intimes, einzigartiges wie die Geburt des eigenen Kindes sollte man nicht blind in die Hände Fremder legen. Eine Hebamme kann eine Freundin werden, die einen begleitet und
stärkt, eine sichere Lotsin durch unbekanntes Gewässer.
Sandra Schink, Collarte
Hebammenpraxis gaia, Marlene Rachl & Partnerinnen
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